Das ist das Schwindelerregende am Tod. Er kann mir nicht einmal Angst einjagen wie alles andere Unbekannte, das im Gegensatz zum Tod einen Namen hat und dazu vertrauenswürdige Referenzen. Ich war zum Beispiel noch nie dort, wo es Giftschlangen gibt. Dennoch gibt es vertrauenswürdige Geschichten, Bilder, Daten. Sie sagen mir: Hältst du dich im Amazonas auf, dann hüte dich vor der und der Schlange.
Beim Tod gibt es das nicht. Kein Mensch hätte je etwas Sinnstiftendes überliefert zum Thema „Erfahrungen mit dem Tod“. Der Tod ist demnach der Sonderfall. Ich kann demnach keine Angst haben davor, da es keine Erkenntnisse gibt über den selbst erlebten Tod. Dieses Keine-Angst-haben-Können ist es wohl gerade, das meine Angst wecken kann. Ich bekomme die Bilder des Todes nicht zu fassen.

Sie verschwimmen in ihrer Omnipräsenz und schnellen Abfolge. Sie ergeben keine Muster und auch keinen Sinn. Sind vom Leben her gedacht, denn was als Skelett endet, ist zuvor ein mit Leben gefütterter Leib gewesen.
Der Tod beendet mein Leben. So wie meine Geburt mein Leben beginnt. Scherzhafte, aufregende, technologische Geburtsgeschichten gibt es vom Tag, als ich zur Welt kam. Meine Familie, meine Freundinnen, meine Freunde: niemand wird mir erzählen, wie es gewesen sein mag, als ich von der Welt ging. Diese Diskrepanz ist gewaltig. Sie ist das Angsteinflößende.
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